Es soll hier mal wieder
um das leidige Thema gehen: Der Mitstörer im Wettbewerbsrecht -
Eine Person, die unrechtmässigen Mitteln irgendwas tut, was
den Wettbewerb stört wird "Störer" genannt. Wird
diese Person von einer dritten oder auch mehreren Personen bei
diesem Tun unterstütz sehen Juristen darin den oder die
Mitstörer. Das hat zur Folge, dass diese Mitstörer mit der
gleichen Argumentation als wären sie selbst der oder die
Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können.
D.h., sie sollen es unterlassen, den Störer weiterhin in seinem
Tun zu unterstützen, sodass dieser sein Handeln nicht
fortsetzen kann.
Jetzt werden Sie vielleicht sagen, dass es doch ganz normal
ist, wenn ein Komplize ebenfalls in die Pflicht genommen werden
kann. Damit haben Sie - vom normalen Rechtsverständnis her -
auch gar nicht so unrecht.
Nun gibt es aber Menschen, die werden zu Komplizen ohne es zu
wissen und ohne es zu wollen.
Das können z. B. Menschen sein, die eine Zeitung oder
Zeitschrift mit Fremdanzeigen, Fremdwerbung herausbringen, das
kann eine Suchmaschine sein, deren Roboter Webseiten listen, die
zu beanstandende Inhalte haben, das können Betreiber von Foren
im Internet sein, in denen Nutzer irgendwas äussern, dass
rechtlich nicht in Ordnung ist.
Nun werden Sie - Ihren gesunden Menschenverstand benutzend -
möglicherweise sagen: Ja, wenn jemand Komplize ist, ohne es zu
wissen und zu wollen, dann kann ihm daraus eigentlich auch kein
Rechtsnachteil einstehen, weil man nur verhindern kann, was man
auch weiss und beurteilen kann.
Das mit dem Wissen ist eine Sache, das mit dem Beurteilen
wieder eine ganz andere Sache. Nicht jeder ist Jurist oder hab
eine juristische Ausbildung und nicht jeder Sachverhalt
gestaltet sich so, dass er zweifelsfrei als widerrechtlich
erkennbar ist. Was für den ausgebildeten Juristen manchmal
nicht oder nur schwer erkennbar ist, kann sich einer Beurteilung
durch einen Nichtjuristen nur entziehen.
Sehen Sie dazu auch:
Wettbewerbsrecht
- Abmahnung - Mitstörer
Wenn Sie obigem Link gefolgt sind, werden Sie nun auch
wissen, dass Unwissenheit und ein nicht berurteilen können Sie
nicht davor schützt, als Mitstörer mit in die Haftung genommen
zu werden.
Und Sie werden auch nun auch wissen, dass das richtig teuer
werden kann. Es kann auch richtig teuer werden, wenn die
aufgestellte Behauptung der Mitstörerschaft sich als haltlos
darstellt, denn ob diese tatsächlich haltlos ist, müsste im
Streitfall wiederum ein Gericht klären.
........
Nun hat ein "kleiner" Richter* an einem Amtsgericht
ein Urteil gesprochen, dass sehr viel gesunden Menschenverstand
erkennen lässt und es wert ist, dass auch andere Gerichte und
höhere Instanzen sich die Begründung etwas genauer anschauen.
Es ging darum, dass eine Moderatorin sich wegen irgendwelcher
Webseiten verunglimpft fühlte, die bei einer bestimmten
Suchmaschine gefunden wurden, wenn man ihren Namen und ein
sexistisches Attribut eingab. Sie verlangte nun von den
Betreibern der Suchmaschine es zu unterlassen, dass diese die
Webseiten weiter in ihrer Suchmaschine auffindbar sind.
Die Betreiber der Suchmaschine kamen der
Abmahnung und
Aufforderung nach, weigerten sich jedoch die Anwaltskosten der
Moderatorin zu übernehmen. Darüber hatte nun das Amtsgericht
Charlottenburg zu entscheiden. Dieses entschied, dass die
Suchmaschinenbetreiber die Anwaltskosten der Moderatorin nicht
übernehmen müsse.
Der Kernsatz der Begründung:
Denn erst das streitgegenständliche
Abmahnschreiben hat die Störerhaftung der Beklagten begründet,
aus der heraus sie Anlass hatte, die konkret gerügten Einträge
zu prüfen und gegebenenfalls zu entfernen.
Nach unserem Dafürhalten handelt
es sich hier um eine sehr weise Entscheidung. Daran würde sich
auch nichts ändern, wenn die Berufungsinstanz die Entscheidung
wieder "kassieren" würde.
||| Die hier wichtigen Passagen
des Urteils finden Sie am Ende dieser Seite! Nun
geht es hier um Medienrecht und die Verbreitung einer unwahren
Behauptung. Die
Überprüfung einer Behauptung auf ihren Wahrheitsgehalt sollte
sich i. d. R. nicht allzu schwierig gestalten, trotzdem ist die
Entscheidung eine Einzelfallentscheidung und leider nicht auf
alle denkbaren Variationen der Mitstörerhaftung übertragbar. Eine
Übertragung der inhaltlichen Aussage des oben genannten
Kernsatzes der Entscheidung des AG Charlottenburg auf alle
sonstigen Fälle der Mitstörerschaft, vermuteten oder
behaupteten Mitstörerschaft würde jedoch durchaus Sinn machen
in allen Fällen in denen eine vorsätzliche oder grob
fahrlässige Unterstützung eines Störers nicht unterstellt
werden kann. Die sich immer
klarer zeigende Tendenz, gerade kapitalkräftiger Firmen und
Personen, den Weg über die Mitstörerschaft - unter
Vernachlässigung des Störers zu gehen - könnte damit zwar
nicht gebremst, zumindest aber für die Betroffenen
erträglicher gestaltet werden. Es
genügt schon, dass in Anspruch genommene ahnungslose Mitstörer
einen rechtlichen Sachverhalt prüfen oder überprüfen lassen
sollen, an dessen Entstehen und Existenz sie keine
Mitwirkung hatten und dessen rechtliche Konstellationen sich
ihrer Beurteilungfähigkeit entzieht. ............................. Auszug
aus der Urteilsbegründung:
AG
Charlottenburg - AZ - 234 C 264/04
....
Die Klägerin kann von der
Beklagten die von ihr verauslagten Rechtsanwaltsgebühren für
die Abmahnung vom 04.08.2004 weder aus dem Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 683 BGB noch
nach § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB in Verbindung mit Artikel 1 Abs.
1 und 2 Abs. 1 GG verlangen.
Denn erst das streitgegenständliche Abmahnschreiben hat die Störerhaftung
der Beklagten begründet, aus der heraus sie Anlass hatte, die
konkret gerügten Einträge zu prüfen und gegebenenfalls zu
entfernen.
Das Gericht folgt der Ansicht des Landgerichts Berlin darin,
dass durch die beanstandeten Einträge der Eindruck vermittelt
wird, die Klägerin habe sich für im Internet abrufbare
Nacktaufnahmen zur Verfügung gestellt und dies ein Eingriff in
das Persönlichkeitsrecht der Klägerin darstellt.
Die Frage einer Störerhaftung richtet sich nach den allgemeinen
Regeln.
Denn die spezialgesetzlichen Vorschriften des Teledienstgesetzes
sind auf Suchmaschinenbetreiber nicht anwendbar.
Im Medienrecht kann jeder, der an der Verbreitung einer
Behauptung mitwirkt, als Störer in Anspruch genommen werden.
Dies setzt bei Dritten, die eine rechtswidrige Beeinträchtigung
lediglich objektiv durch ihr Handeln unterstützen, die
Verletzung von Prüfpflichten voraus, wobei sich der Umfang
jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richtet.
Für das Setzen von Hyperlinks richtet sich nach den Ausführungen
des BGH der Umfang der Prüfpflichten, die denjenigen treffen,
der einen Hyperlink setzt oder aufrechterhält, nach dem
Gesamtzusammenhang, in dem der Hyperlink verwendet wird, dem
Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der den Link
Setzende von Umständen hat, die dafür sprechen, dass die
Webseite, auf den der Link verweist, rechtswidrigem Handeln
dienen und welche Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit
dieses Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen.
Eine Störerhaftung kann aber auch dann begründet sein, wenn
ein Hyperlink aufrechterhalten bleibt, obwohl eine nach einer
Abmahnung zumutbare Prüfung ergeben hätte, dass mit dem
Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Dabei
ist auch zu berücksichtigen, dass die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren
Informationsfülle im "World Wide Web" ohne den
Einsatz von Hyperlinks zur Verknüpfung der dort zugänglichen
Daten praktisch ausgeschlossen wäre.
Das kann vorliegend nur bedeuten, dass dem Betreiber einer
Suchmaschine, ohne diese eine Nutzung der Informationen im
Internet lediglich eingeschränkt möglich wäre, keine
generelle Prüfpflicht hinsichtlich jeder Eintragung obliegt,
diese vielmehr erst mit einer Abmahnung, die konkrete
Eintragungen rügt, einsetzt. Hierdurch erhält der Betreiber
die Möglichkeit, mit zumutbarem personellen und technischen
Aufwand, die einzelnen Einträge hinsichtlich des gerügten
rechtswidrigen Verhaltens zu überprüfen und diese sperren zu
lassen.
Unterlässt er dies, ist er als Störer zur Unterlassung und zum
Schadensersatz verpflichtet. Zum Zeitpunkt des Zugangs der
streitgegenständlichen Abmahnung war die Beklagte daher noch
nicht als Störer anzusehen. Die Abmahnkosten sind mithin nicht
im mutmaßlichen Interesse der Beklagten zur Vermeidung höherer
Kosten eines einstweiligen Verfügungsverfahrens erfolgt,
sondern im alleinigen Interesse der Klägerin, die damit die
Beklagte auf ihre Pflicht zur Beseitigung des rechtswidrigen
Eingriffs hingewiesen hat.
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