Es hört sich unsinnig an,
aber es ist leider tägliche Praxis.
Wir wissen nicht, wann
dieser Unsinn (nach unserem Dafürhalten!)
angefangen hat. Im Gesetzt ist es nicht
geregelt, es ist reines Richterrecht. Irgendwann
wurde es angefangen, es wurde übernommen,
mittlerweile ist es tägliche Praxis.
Auch im Wettbewerbsrecht
sollte es so sein, dass die Bemessung des
Streitwerts sich an der Sache orientiert um die
gestritten wird: dem Verstoss gegen
wettbewerbliche Regeln. Der Schadensersatz
sollte hiervon abgekoppelt sein.
Die von den Gerichten
gehandhabte Praxis der Orientierung an der
Grösse des Verletzten, heisst im Klartext nicht
anderes, als dass "Grosse" die
"Kleinen" nicht zu fürchten brauchen.
Ein "Grosser" der mit einer
wettbewerbswidrigen Aktion innerhalb kurzer Zeit
viele "Kleine" schädigt und sich
innerhalb kurzer Zeit um grosse Summen
bereichert, lacht sich tot, wenn einer dieser
"Kleinen" gegen ihn vorgeht, vor
Gericht obsiegt und dann ein geringfügiger
Streitwert in Ansatz gebracht wird.
Angedrohte Ordnungsstrafen
verfehlen (bei Kapitalkräftigen) oft Ihre
Wirkung und werden ignoriert, wenn die mit dem
wettbewerbswidrigen Tun anvisierten Vorteile die
Nachteile der Ordnungsstrafe überwiegen.
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Um hier noch einmal auf
unseren Pizzabäcker zurückzukommen:
Hat er Ferrari einen
geldwerten Schaden zugefügt? Wahrscheinlich
nicht. Hat er sich mit dem als Vorlage genutzten
Gaul einen geldwerten Vorteil verschafft? Das
dürfte auch unwahrscheinlich sein.
Wo also liegt das Unrecht?
Worin ist der Schaden zu sehen?
Er hat eine grafische
Marke als Vorlage genutzt ohne den Markeninhaber
um Erlaubnis zu fragen. Darin liegt das Unrecht
und logischerweise und auch richtigerweise hat
der Markeninhaber - hier Ferrari - einen
Anspruch auf Unterlassung.
Woraus sich ein Schaden
begründen könnte, erschliesst sich uns nicht.
Ferrari hätte keinen
Anwalt einschalten müssen. Unser Pizzabäcker
hätte wahrscheinlich auch auf ein Anschreiben
von Ferrari reagiert. Wie es sich darstellt,
hatte der Mann keine Ahnung, dass ein Kopieren
des Ferraripferdes derartige Folgen für ihn
haben könnte.
Ferrari hat aber - was
nach dem deutschen Gesetz rechtens ist - einen
Anwalt eingeschaltet, dieser hat abgemahnt und
anscheinend mit der Streitwertbemessung seiner
Kostennote - sich an der Grösse des Verletzten
- hier Ferrari - orientierend, kräftig
zugelangt.
Ob in diesem Fall die
Einschaltung eines Rechtsanwalts notwendig war,
darf jedoch angezweifelt werden.
Ob der angesetzte
Streitwert (nach der geübten Rechtsprechung!!!)
angemessen war, ist für uns nicht
ersichtlich.
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Zwei Besonderheiten im
Wettbewerbsrecht öffnen leider auch dem
Missbrauch Tür und Tor.
Das wäre zum einen die
Bemessung des Streitwerts an der Grösse des
sich verletzt Fühlenden und zum anderen der
fliegende Gerichtsstand, der sich nach dem Ort
der Begehungshandlung richtet.
Dieser Missbrauch findet
täglich statt und gehört mittlerweile bei
vielen Firmen zum normalen Marketingkonzept. Missliebige
Konkurrenz wird mit der Macht des Geldes
versucht aus dem Markt zu drücken.
Mitbewerber (bevorzugt die
Kleineren!) werden mit wettbewerbsrechtlichen
Klagen überzogen. Treten die Agierenden im
Internet deutschlandweit, europaweit oder
weltweit auf, zwingen viele grosse und gut
kapitalisierte Firmen ihren Mitbewerbern den
sog. wettbewerbsrechtlichen Tourismus auf, d.
h., wenn ein Mitbewerber z. B. in Dresden
ansässig ist, wird in München geklagt.
Für den Beklagten heisst
dies, dass er entweder einen Anwalt in seiner
Stadt oder einen Anwalt am Ort der Klage mit der
Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen muss.
Egal wie er sich entscheidet; es hat immer
Nachteile. Müssen Termine wahrgenommen werden,
sind zeitaufwändige und kostenintensive Reisen
nicht vermeidbar.
Wird jemand so mit einer
Klagewelle überflutet, kann das ganz schnell
ruinös werden.
Ein Umdenken der Gerichte
- weg von der jetzigen Handhabung der
Streitwertermittlung - tut not.
Ein Grossteil der in
Deutschland geführten Wettbewerbsverfahren wird
nicht geführt, weil damit lediglich ein
wettbewerbswidriges Verhalten abgestellt werden
soll.
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Die vor einiger Zeit
erfolgte Novellierung des Wettbewerbsrecht
beinhaltete leider nicht die Schaffung einer
Waffengleichheit und Gleichbehandlung aller
Agierenden.
Noch immer ist es so, dass
Kapitalkräftige das Wettbewerbsrecht nicht
wirklich zu fürchten brauchen.
Wenn zwei das Gleiche tun,
ist dies im Wettbewerbsrecht leider nicht das
Dasselbe. Eine Parität ist nicht gegeben, wenn
sich Grosse und Kleine gegenüberstehen.
Was der eine aus der
Portokasse zahlt, kann den anderen die Existenz
kosten.
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Ein wahres Beispiel in
Kurzform?
Da überlässt jemand aus
Gefälligkeit einer anderen Person kostenlos
zwei 0180er Nummern, die dieser per Bandansage
nutzt um auf eine 0190er Nummer hinzuweisen.
Auf dieser Bandansage wird
der Minutenpreis für die 0190er Nummer nicht
genannt, bei Anwahl jeder 0190er Nummer wird der
Minutenpreis kostenlos vorher sowieso angesagt.
Die Bandansage wird geschaltet, um Anrufer
darauf hinzuweisen, dass eine bestehende 0190er
Nummer sich geändert hat. Die Anrufer kannten
also den Preis für die 0190er Nummer.
Die Deutsche Telekom nimmt
den Verleiher der 0180er Nummern als Mitstörer
gleich zweimal in Anspruch, lässt jedoch den
vermeintlichen Störer unbehelligt.
Streitwert, weil es die
Telekom und somit ein "Grosser" ist:
2mal 100 000 Euro. Das Landgericht Frankfurt
bestätigt diese Streitwerte und geht mit keinem
Wort auf die Argumentation ein, dass vor dem
vermeintlichen Mitstörer eigentlich der
vermeintliche Störer auf Unterlassung in
Anspruch genommen werden müsste.
Der Anwalt der Deutschen
Telekom lässt die Frage, wie denn seine
Mandantin von dem Wettbewerbsverstoss erfahren
habe, unbeantwortet.
Man kennt sich, die
Telekom (100 000 Euro haben wir doch hier bei
Gericht schön öfter angesetzt!) ist beim LG
Frankfurt anscheinend Stammgast!
Kostenrisiko für den
Verleiher der 0180er Nummern der keinen Vorteil
hatte: Der Gegenwert eines Mittelklassewagens!