Wettbewerbsrecht
am Beispiel Thai Do, bzw. Tae Bo -
Da verschickt eine
Anwaltskanzlei Abmahnungen wegen der Nutzung des
Begriffes Thai Do. Grundlage dieser Abmahnungen
ist, dass irgendwer sich den Begriff hat als
Markenname schützen lassen. In welcher
Warenklasse ist uns nicht bekannt. Es soll
jeweils unterlassen werden, die Marke im
geschäftlichen Verkehr zu nutzen. Auch wird
gleichzeitig mit den Abmahungen Schadensersatz
gefordert.
Wir bitten um
Verständnis, dass die folgenden Erläuterungen
des Verständnisses wegen etwas vereinfacht
dargestellt und deswegen nicht als vollständig
anzusehen sind.
MARKENRECHT
- ASPEKTE -
Eine Marke ist eine
Bezeichnung, die eine bestimmte Sache oder
Dienstleistung so bezeichnen soll, dass durch
Nennung oder Herausstellung des Begriffes eine
Zuordnung und Abgrenzung zu anderen
gleichartigen Waren oder Dienstleistungen
erkennbar stattfindet. So weiss z. B. jeder bei
Nennung des Markennamen Coca Cola, dass damit
nicht irgendein Cola gemeint ist, sondern die
Brause mit dem rot-weissen Eitkett.
Im deutschen Recht haben
wir das Problem, dass eine Marke eine Marke ist,
d. h., ist ein Begriff als Marke eingetragen ist
dieser Markenschutz von den Gerichten als
gegeben hinzunehmen, auch wenn die Marke
tatsächlich zu unrecht eingetragen sein sollte.
Das kommt leider immer wieder vor. Betroffenen
bleibt dann nichts anderes übrig, als die Marke
anzugreifen; soll heissen, dass die Löschung
der Marke beim DPMA (Deutsches Patent- und
Markenamt) betrieben werden muss.
Zu dem Begriff Thai Do,
bzw. Tae Bo haben wir im Internet versucht
herauszufinden, was genau unter Thai Do zu
verstehen ist, bzw. was konkret mit Thai Do
bezeichnet wird. Wir wissen es immer noch nicht.
Es hat was mit Sport zu tun, möglichweise mit
Kampfsport.
Wichtig zu wissen wäre
dies, um der Frage nachgehen zu können, ob die
Marke möglicherweise zu unrecht eingetragen
wurde.
Wird damit möglicherweise
irgendwas bezeichnet, was im Herkunftsland
ausgeübt wird und eine lange Tradition hat, wie
z. B. Karate oder Judo? Ist der Begriff im
Herkunftsland ein Begriff aus der dortigen
Umgangssprache, bezeichnet man im Herkunftsland
damit das gleiche wie in unseren Breitengraden?
Ist die Nutzung des
Begriffs notwendig, damit ein angesprochenes
Gegenüber versteht wovon man spricht?
Was versteht der
"Verkehr" unter diesem Begriff? Findet
eine Zuordnung statt oder wird darunter die
Zusammenfassung einer Gattung verstanden?
Dann könnte man den
Begriff als Bestandteil der Umgangssprache
ansehen, der für die Nutzung durch die
Allgemeinheit freizuhalten ist. Er wäre auch in
Deutschland, auch wenn er hier kaum bekannt
wäre, typisch benutzt nicht wortmarkenfähig,
weil dadurch z. B. - um beim Beispiel Judo zu
bleiben - ein Judolehrer aus Japan in
Deutschland seine Judoschule nicht Judoschule
nennen könnte.
Es müsste also zunächst
versucht werden herauszufinden wer den Begriff
Thai Do für welches Tun geprägt (erfunden oder
erdacht) hat. Hat der Begriff eine originäre
"Schaffenskraft", auch wenn diese nur
darin bestanden haben sollte, dass ein
bestehender Begriff atypisch für irgendetwas
genutzt wird oder wurde und deswegen
Markenschutz erlangt hat.
Sollte Markenschutz bejaht
werden können, stellt sich als nächstes die
Frage nach der Stärke der Marke. Das
Markenrecht, besser die Rechtssprechung dazu,
bezieht in den einer Marke zukommenden Schutz
auch die Betrachtung nach "starken und
schwachen" Marken ein. Je stärker eine
Marke ist, desto allumfassender ist ihr Schutz.
Begriffliche Marken wie z. B. Coca Cola oder
Ferrari sind stärkste Marken, die in keiner
Weise ohne Lizenz genutzt werden können. Bei
Marken wie z. B. BMW oder Mercedes dürfte der
Markenschutz immer noch hoch, aber nicht mehr so
hoch wie bei den erstgenannten Marken sein. Wir
alle kennen den Schokoriegel mit dem Markennamen
Bounty, wir alle kennen das Küchentuch mit der
gleichen Bezeichnung.
Siehe dazu auch: Der alte
Trick mit der Wortbildmarke
Viele Abmahner berufen
sich auf Markenrechte, ohne dabei zu
konkretisieren, ob es sich bei der Marke auf die
sich berufen um eine Wortmarke oder eine
Wortbildmarke handelt. Vorsicht und Nachfragen
ist also bei "schwammigen"
Formulierungen immer angebracht.
WETTBEWERBSRECHT
- ASPEKTE -
Zur Erinnerung: Ist ein
Begriff als Wortmarke eingetragen bleibt den
Gerichten nur sehr wenig Spielraum, wenn es um
die Beurteilung der Markenrechte geht. Auch eine
Wortmarke die offensichtlich zu unrecht
eingetragen wurde, sind die der Marke
zukommenden Rechte grundsätzlich zuzusprechen.
Die Frage kann dann
zunächst nur lauten: Liegt eine markenmässige
Benutzung vor? Oft wird in Abmahnungen auch die
Formulierung "geschäftsmässig"
genutzt. Das ist insofern etwas irreführend,
als dass juristische Laien unter "markenmässig"
und "geschäftsmässig" oft das
Gleiche verstehen.
Eine geschäftsmässige
Nutzung ist jedoch keinesfalls mit einer
markenmässigen Nutzung gleich zu setzen.
Ersteres kann nämlich durchaus zulässig und
rechtens sein.
Was unter
geschäftsmässiger Nutzung zu verstehen ist
kann hier aussen vor bleiben, eine
geschäftsmässige Nutzung ist nur zu
beurteilen, wenn sie mit einer markenmässigen
Nutzung gleichkommt.
Was ist aber nun unter
"Markenmässiger Nutzung" zu
verstehen.
Wir erinnern uns! Eine
Marke ist eine - mal mehr oder weniger
originäre - Namens- oder Begriffsverwendung die
eine Ware oder Dienstleistung unter
gleichartigen Waren oder Dienstleistungen
herausheben soll.
Wer z. B. bei einer
Suchmaschine "Ferrari" eingibt, sucht
den roten Renner oder irgendwelche
Informationen, die mit dem roten Renner in
Verbindung stehen und nicht irgendein Auto. Er
sucht direkt oder indirekt nach der Marke
"Ferrari". Ferrari ist jedoch kein
Allgemeingut und gehört (stimmt das noch?) dem
Fiatkonzern.
Landet jetzt jemand der
als Suchbegriff Ferrari eingegeben hat z. B. auf
der Webseite eines Maseratihändlers, weil
dieser z. B. in den Metatags oder irgendwo in
der Webseite den Begriff Ferrari eingestellt
hat, könnte es sein, dass damit für Ferrari
ein Kunde verlorgengegangen ist, der sich bis
bis zum Aufruf der Webseite des
Maseratihändlers nie für einen der Flitzer mit
dem Dreizack interessiert hat. Klar ist, ein
Autohändler, der keine Ferraris verkauft und
den Markenbegriff trotzdem in seinen Webseite
einstellt, will damit Kunden auf seine Seite
locken, die sein Angebot nicht gesucht haben.
Etwas anders sieht die
Sache jedoch aus, wenn unter der Sucheingabe
Ferrari z. B. ein Händler gefunden wird, der
viele Marken anbietet, von denen Ferrari nur
eine von mehreren ist.
Nach diesseitiger
Auffassung dürfte auch per se keine
markenmässige Nutzung vorliegen, wenn jemand -
von jemandem der die Berechtigung hat in/im?
Thai Do auszubilden oder zu lehren ausgebildet
wurde - diese Ausbildung dann unter Benennung
des Markennamens Dritten kenntlich macht. Eine
Ausbildung die nicht konkret benennbar kenntlich
benannt werden darf, würde dem Ausgebildeten
keinerlei Mehrwert bringen.
Die Beispiele zeigen, dass
es beim Markenrecht und Wettbewerbsrecht ganz
entscheidend auf die Konstellation des
Einzelfalls ankommt.
Auf die Marke Thai Do
übertragen heisst das: Was sucht z. B. ein
Suchmaschinennutzer, wenn er in einer
Suchmaschine den Begriff "Thai Do"
eingibt. Sucht er nach einer Firma die so heisst?
Sucht er nach einer bestimmten (der) Firma (und
nur nach dieser) von der er weiss, dass Sie das
Produkt oder die Dienstleistung mit gleichem
Namen herstellt oder erbringt? Sucht er das
Produkt, dass sich durch diese Benennung von den
anderen gleichartigen Waren oder
Dienstleistungen unterscheidet? Oder sucht er
mit einer Gattungsbezeichung (wie z. B. Judo)
nach irgendwas, was vom allgemeinen Verständnis
her nicht nur einer bestimmten Person, Firma etc
zugeordnet werden kann.
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jusdi101
Um es noch einmal konkret
darzustellen: Wie vermögen nicht zu beurteilen,
ob und inwieweit Abmahnungen auf Grundlage der
Marke "Thai Do" berechtigt sind, weil
wir - wie schon einmal oben erwähnt - nicht
wissen, was der Ursprung des Begriffs ist und
was genau damit bezeichnet wird. Ist es ein
"gewachsender" Begriff, der
irgendwann, irgendwo in der Welt als Bezeichnung
für eine Gattung entstanden ist und auch so
genutzt wird? Oder ist die Marke eine
eigenständige Schöpfung?
Wenn uns hier jemand
schlau machen könnte, würden wir uns über
eine eMail freuen.
Wir haben das Beispiel
Thai Do gewählt, weil es ein exotisches
Beispiel für die Komplexität von Markenrecht
im Zusammenspiel mit dem Wettbewerbsrecht ist.
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RISIKO
GERICHTSBARKEIT -
Eine von Betroffenen fast
immer gehörte Frage ist: "Wie wären denn
meine Chancen in einem Prozess?"
Was für alle
Rechtstreitigkeiten gilt, gilt im Markenrecht
und Wettbewerbsrecht ganz besonders. Wenn die
Sache nicht zu einhundert Prozent klar ist, was
jedoch nur selten der Fall ist: die Chancen für
einen Rechtstreit sind so gut oder so schlecht
wie das Gericht, das den Fall zu beurteilen
haben wird. Es gibt viele sehr gute Richter, die
sich viel Arbeit und Mühe machen und dann auch
sehr gute, verständliche und nachvollziehbare
Entscheidungen finden. Es gibt aber auch
Richter, die in z. B. handwerklichen Berufen
möglicherweise besser aufgehoben wären, weil
man dort die gemachten Fehler meist sofort
sieht.
Was beim Gerichtsstandort
A glatt durchgeht, kann sich am Standort B ins
genaue Gegenteil verkehren. Es ist auch
sicherlich kein Zufall, dass viele
Entscheidungen unterer Instanzen von den
übergeordneten Instanzen wieder kassiert
werden. Der Weg zum Recht ist oft
zeitaufwändig, nervenraubend, teuer und auch
umsonst.
Es sollte nicht sein und
ist auch meist nicht nachweisbar, aber Indizien
lassen schon mal vermuten, dass - gerade im
Wettbewerbsrecht - vereinzelte Kläger (oft
kapitalkräftige Firmen) und deren rechtliche
Vertreter an verschiedenen Gerichtsstandorten
einen Sympathiebonus haben. Man kennt sich mit
Namen und begrüsst sich herzlich. Als Fremder
steht man da manchmal ziemlich dumm daneben und
kommt sich irgendwie unnötig vor.
Ein Anwalt, der die
Chancen seines Mandanten persönlich als gut
oder sehr gut einschätzt ist also gut beraten,
bei der Frage nach dem Prozessrisiko seine
"offizielle" Prognose gegenüber dem
Mandanten nach unten anzupassen. Weiss der
Richter es "besser", ob nun
tatsächlich oder scheinbar, bleibt das
natürlich am Anwalt hängen. Richter haben nun
einmal die bessere Reputation.
Der Vorteil der Nachteile;
Ihrem Kontrahenten geht es genauso. Auch er kann
sich selten darauf verlassen, ganz sicher mit
seiner Argumentation durchzudringen.
Abmahnende Rechtsanwälte
versuchen deshalb gerne durch forsches,
schriftliches Auftreten markenrechtliche und
wettbewerbsrechtliche Streitereien ohne
gerichtliche Verfahren zur Erledigung zu
bringen.
Wenn es also um
Wettbewerbsrecht, Markenrecht, Abmahnung und das
Unterzeichnen einer Unterlassungserklärung
geht, kann ein Rechtsanwalt fairer weise nicht
mehr tun, als einem Betroffenen den Sachverhalt
verständlich zum machen und ihn verständlich
über das Prozessrisiko aufzuklären. Das kann
manchmal gering, das kann aber auch manchmal
sehr erheblich sein. Entscheiden muss der
Betroffene dann selbst.