Im
August 2005 soll es – nach uns zugetragenen
Informationen – zu ersten Abmahnungen wegen
des Begriffs TACHOPRO gekommen sein.
Die
Vorgeschichte, so wie sie uns bekannt gemacht
wurde:
Bei
TACHOPRO soll es sich um eine Free-Software
handeln, die seit ca. 1998/99 im Internet unter
dieser Bezeichnung der Allgemeinheit zum freien
Download zur Verfügung steht. Es ist nicht
bekannt, wer der Urheber der Software ist, auch
ist nicht bekannt, wem das Titelrecht an dem
Begriff gehört. Es ist jedoch anzunehmen, dass
der Inhaber des Urheberrechts auch gleichzeitig
der Inhaber der Titelschutzrechte ist.
Auch
Recherchen im Internet konnten diese Fragen
nicht klären.
Jedoch
ergibt z. B. eine Suche bei Google nach dem
Begriff mehr als 11 000 Ergebnisse.
Sehen
Sie > HIER <
Eine
Durchsicht der Ergebnisse zeigt, dass die
Software weltweit in einer Vielzahl von Seiten
in einer Vielzahl von Sprachen Erwähnung
findet.
Die
Software soll vielseitig einsetzbar sein. So
wird sie u. a. als Grundlage vieler
Applikationen der Fahrzeugdiagnose eingesetzt.
Der
Inhaber einer Firma, die ebenfalls mit Geräten
zur Fahrzeugdiagnose handelt und sich in der
Vergangenheit vermutlich auch dieser im Internet
für jedermann abrufbaren Freesoftware bediente,
meldete Anfang/Mitte des Jahres 2005 eine
Wortmarke TACHOPRO unter verschiedenen
Markenklassen an, u. a. auch für eine Software
die ebenfalls wieder in der Fahrzeugdiagnose
einsetzbar ist.
Ob
es sich um dabei um eine Kopie der unter
TACHOPRO bekannten Freeware handelt, ob es sich
um eine abgeänderte Version der Freeware oder
um eine Neuschöpfung handelt ist nicht bekannt.
Anfang
August 2005 ging die erste Abmahnung mit beigefügter
Unterlassungserklärung des frischgebackenen
Markeninhabers an einen Nutzer des Begriffs
TACHOPRO raus, in der dieser aufgefordert wurde,
zukünftig beim Anerbieten eines Gerätes zur
Tachojustierung, welches mit der Freesoftware
TACHOPRO arbeitet, es zu unterlassen die
Bezeichnung TACHOPRO zu verwenden.
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jusdi101
Aufgrund
der Sachlage, wie sie sich uns darstellt,
ergeben sich aus dieser Konstellation einige
interessante Aspekte und Fragen.
Eine
Wortmarke ist eine Wortmarke und geniesst nach
deutschem Recht einen fast absoluten Schutz. Das
macht auch durchaus Sinn, wenn man die
Motivation hinterfragt, die den Gesetzgeber bei
der Schaffung der Normen des Markenrechts
geleitet hat.
Eine
Marke soll den Sinn machen, dass mit der
Schaffung einer Marke eine Abgrenzung zu anderen
gleichartigen Waren und Dienstleistungen
geschaffen wird.
Dabei
darf davon ausgegangen werden, dass der
Gesetzgeber für die Auswahl und Schaffung einer
unterscheidenden Marke eine gewisse
Eigenkreativität und Eigenleistung
voraussetzte.
Eine
Marke soll eine Ware oder Dienstleistung sofort
unter vielen Gleichartigen erkennbar und
unterscheidbar machen. Über die Marke findet
sofort eine Zuordnung statt.
Dabei
achtet das Markenrecht darauf, dass bei
gleichartigen Waren oder Dienstleistungen Marken
einen deutlichen, unterscheidenden Abstand
halten.
Für
jemanden, der für seine Ware oder
Dienstleistung eine Marke bilden will, heisst
das: „Finger weg von Begriffen, die bereits
von anderen für Deine Ware oder Dienstleistung
benutzt werden.“^
Die
Überarbeitung des Markenrechts vor einigen
Jahren, vereinte verschiedene rechtliche
„Ecken“, wie das Namensrecht, dass
Titelschutzrecht etc unter einem Dach.
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Die
hier dargestellte Konstellation, dass sich
jemand die Bezeichnung einer seit Jahren
weltweit in Internet frei herunterladbaren
freien Software als Wortmarke in Deutschland schützen
lässt, ist nach unserem Wissen so einmalig.
Wir
lassen uns – wenn dem nicht so sein sollte –
gerne belehren. Bitte eMailadresse im Impressum
benutzen!
Die
Tatsache, dass schon kurz nach Veröffentlichung
der Marke die erste Abmahnung rausging, mit der
einem Nutzer der Freesoftware TACHOPRO der
Hinweis auf diese Software versagt werden soll,
lässt nicht unbedingt vermuten, dass die
Markeneintragung dem Zweck diente, eine eigene
originäre Marke zu schaffen.
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Eine
Bejahung des Anspruchs des neuen Markeninhabers
hätte zwangsläufig zur Folge, dass die unter
der Bezeichnung TACHOPRO bekannte Freesoftware
irgendwann – zumindest in Deutschland –
faktisch unsichtbar und somit nur noch bedingt
einsetzbar wäre, weil eine hinweisende,
namentliche Benennung der Ausgangssoftware nicht
mehr möglich wäre.
Faktisch
könnte nur noch eine Person mit dem Einsatz
dieser Freesoftware weiterhin bedenkenlos
werben: der Inhaber der Marke.
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Kein
Gesetz ist perfekt und kann alle Eventualitäten
berücksichtigen. Logischerweise wird auch immer
wieder versucht bestehende Gesetze entgegen
Ihrer eigentlichen Bestimmung zu nutzen.
Hier
zwei Beispiele aus der Praxis:
Das
Wettbewerbsrecht soll den Wettbewerb regeln und
keinesfalls als Grundlage für ganz
„Schlaue“ dienen, die das Abmahnen nur wegen
der damit erzielbaren Einnahmen betreiben. Im
Einzelfall ist dies jedoch nur selten
nachweisbar.
Kommt
es jedoch zu sogenannten Serienabmahnungen oder
Vielfachabmahnungen, gehen die Gerichte sehr oft
von einem Rechtsmissbrauch aus.
Ein
anderes Beispiel ist das sogenannte „Markengrabbing“.
Ganz Schlaue machen sich im Internet auf die
Suche nach Domainnamen und überprüfen, ob der
Domainname auch als Marke registriert ist. Ist
erkennbar, dass die unter der Domain
eingestellten Inhalte für den Inhaber der
Domain wichtig sind oder ist erkennbar, dass in
die unter der Domain eingestellten Inhalte der
Webseite viel Arbeit und Geld investiert wurde,
kann vermutet werden, dass der Betreiber die
Domain nicht ohne Weiteres aufgeben wird. Dies
gilt umso mehr, wenn der Domainname bereits eine
gewisse Bekanntheit erlangt hat und von anderen
Webseiten aus verlinkt ist.
Markengrabber
sichern sich dann den Domainnamen als Wortmarke,
bevorzugt in der Warenklasse (Killerklasse)
Werbung des DPMA und bitten zur Kasse.
„Ein
solches Vorgehen verstösst gegen die guten
Sitten“, sagt dazu die Mehrzahl der Gerichte
und verneint somit einen Anspruch der
Markeninhaber.
Ebenso
sahen es die Gerichte schon vor Jahren beim
Domaingrabbing
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Im
Internet finden sich tausende Programme, die als
sogenannte Freesoftware von
jedermann ohne Lizenz genutzt werden können.
Meist wurden diese Programme von Ihren Schöpfern
auch mit aussagekräftigen Titeln ins Internet
gestellt.
Das
beste Beispiel für eine solche Freeware ist das
Betriebsprogramm Linux.
Auch
wenn diese Software scheinbar frei im Internet
zur Verfügung steht; die Urheberrechte liegen
immer beim Ersteller. Hat dieser seine Software
mit einer aussagefähigen Bezeichnung ins
Internet gestellt, liegen die Titelschutzrechte
ebenfalls beim diesem Ersteller.
An
dieser „sozial“ der Allgemeinheit zur Verfügung
gestellten Arbeit, verdient der Programmierer
eines solchen Programms natürlich nichts.
Vielen dürften auch die rechtlichen
Konstellationen völlig unbekannt sein. So
verwundert es auch nicht, dass die meisten
freien Programme scheinbar rechtefrei im
Internet stehen.
Werden
diese freien Programme irgendwann in tausenden,
zehntausenden Internetseiten oder Applikationen
genutzt und dort namentlich benannt, könnte
sich für Markengrabber hier ein völlig neues
Betätigungsfeld auftun.
Es
dürfte jedoch kaum im Sinne der diese
Freesoftware zur Verfügung stellenden Personen
sein, dass irgendwann jemand sich die
Namensrechte der Software sichert und mit diesen
Markenrechten sodann eigene kommerzielle
Absichten verwirklicht.
Nutzer
einer jahrelang im Internet unter einer
bestimmten Bezeichnung zur freien Verfügung
gestellten Software dürfen nach allgemeinem
Verständnis (Treu und Glauben) davon ausgehen
nichts rechtswidriges zu tun und müssen
keineswegs damit rechnen, irgendwann deswegen
zur Kasse gebeten zu werden.
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Wir
wollen uns bei dem hier vorgestellten Fall einer
abschliessenden Wertung enthalten. Ob eine
Vorgehensweise, wie oben dargestellt, gegen die
guten Sitten verstösst und damit rechtsmissbräuchlich
ist, werden wohl Gerichte entscheiden.
Festzuhalten
bleibt jedoch, dass die Argumentationen zum
Markengrabbing im Domainrecht sich hier eins zu
eins übertragen liessen.
Festzuhalten
bleibt weiterhin nach unserer Rechtsauffassung,
dass eine seit Jahren der Allgemeinheit zur Verfügung
gestellte und auch von der Allgemeinheit rege
genutzte freie Software das Recht hat gefunden
und namentlich benannt zu werden.
Man
darf also gespannt sein.
RoDi |