Die ehemalige Nachbarin glaubt,
offensichtlich, sich auf Ersitzung der Schildkröte
berufen zu können. Juristisch betrachtet sind Tiere
bewegliche Sachen.
Wer eine bewegliche Sache 10
Jahre in Eigenbesitz hatte, erwirbt Eigentum (§
937 Abs. 1 BGB). Eigenbesitz hat, wer eine Sache
als ihm gehörend besitzt (§ 872 BGB). Hier war aufgrund der zwischen
Ihnen getroffenen Vereinbarung klar, daß die
Nachbarin die Schildkröte nicht als ihr gehörend
besaß, sondern der Besitz leihweise eingeräumt
worden war.
Bereits dies spricht gegen einen
Eigentumserwerb durch Ersitzung. Ferner ist eine Ersitzung
ausgeschlossen, wenn der Besitzet vor Ablauf der
10-Jahresfrist erfährt, daß ihm das Eigentum
nicht zusteht (§ 937 Abs. 2 BGB). Auch diese Voraussetzung ist in
Ihrem Fall gegeben, da die Dame aufgrund der mit
Ihnen getroffenen Vereinbarung wußte, daß sie
kein Eigentum erwerben sollte. Auch unter diesem Aspekt ist also
ein Eigentumserwerb durch Ersitzung in Ihrem Fall
ausgeschlossen.
Darüberhinaus greift die zwischen
Ihnen und der Dame getroffene Vereinbarung bezüglich
der Besitzes der Schildkröte.
Diese Vereinbarung
ist wirksam, auch wenn sie nur mündlich
getroffen wurde.
Nur für bestimmte Vertragsarten
sieht das Gesetz eine besondere Form vor (z.B.
Grundstückskaufverträge). Der hier geschlossene
Vertrag bedarf keiner besonderen Form, um wirksam
zu sein. Durch die Vereinbarung ist
zwischen Ihnen und der ehemaligen Nachbarin ein
Leihvertrag zustande gekommen, der die
Voraussetzungen des Verbleibs der Schildkröte
bei ihr und die Rückgabe regelt.
Hieran hat sich die Nachbarin zu
halten, da Verträge einzuhalten sind (Grundsatz:
pacta sunt servanda). Problematisch könnte hinsichtlich
des Vertrages allenfalls die Beweislage werden.
Im Bestreitensfall (beliebte Behauptung: die
Sache wurde geschenkt) müssen Sie den Inhalt der
getroffenen Vereinbarung beweisen.
Wenn es kein Schriftstück gibt,
ist dieser Beweis nur durch Zeugen zu führen,
die anwesend waren, als die Vereinbarung
getroffen wurde. Da Sie in Ihrer
Sachverhaltsdarstellung von "uns"
sprechen, gehe ich davon aus, daß bei den Gesprächen
mehrere Personen anwesend waren.
Da nur der jeweilige Eigentümer
der Schildkröte im Klagefall Prozeßpartei wäre
und damit als Zeuge ausscheiden würde, könnten
die anderen bei den Gesprächen anwesenden
Personen die Vereinbarung bestätigen. Das können
auch Familienangehörige sein.
Zusammenfassend läßt sich also
sagen: Sowohl das Fehlen der gesetzlichen
Voraussetzungen für einen Eigentumserwerb, als
auch die getroffene Vereinbarung stehen einem
Eigentumserwerb durch die Nachbarin entgegen. Im Bestreitensfall müßten Sie
allerdings die Vereinbarung und deren Inhalt
beweisen. Kann dieser Beweis nicht erbracht
werden, ist von einer klageweisen Geltendmachung
der Ansprüche eher abzuraten, da Sie sonst
Gefahr laufen, nur wegen des fehlenden Beweises
zu unterliegen.
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