Vor
ca. drei Jahren veröffentlichten wir in dieser Webseite unter
dem Titel "Französisches Insolvenzrecht gilt auch für
Deutsche" ein Abhandlung zum französischen Insolvenzrecht.
Anlass war eine Passage aus einem
Urteil des BGH (Bundesgerichtshof), der eigentlich mehr ein
Nebensatz und eine Nebenfeststellung war. Ein in Frankreich
lebender und in Deutschland arbeitender Deutscher hatte in
Frankreich Insolvenz angemeldet und das Verfahren bis zur
Restschuldbefreiung durchgezogen. Eine deutsche Bank hatte
zunächst in Frankreich ein Mahnverfahren durchgeführt und dann
versucht aus der gleichen Forderung später in Deutschland zu
vollstrecken, nachdem dem Deutschen in Frankreich die
Restschuldbefreiung gewährt worden war.
Den widersprach der BGH mit der
Begründung, dass das in Frankreich durchgeführte
Insolvenzverfahren in Deutschland anzuerkennen sei.
Ein weiterer Nebensatz, der
jedoch mit der eigentlichen Entscheidung nichts zu tun hatte,
sorgte wiederum für etwas Verwirrung. Der BGH merkte kritisch
an, dass die deutsche Bank dadurch, dass sie Frankreich
juristisch tätig geworden war, damit sowieso das französische
Insolvenzverfahren anerkannt hatte.
Unsere benutzte Formulierung
"Französisches Insolvenzrecht gilt auch für
Deutsche" scheint etwas magisches zu haben, denn sie wurde
so oder sinngemäss in vielen Internetseiten und Foren
übernommen und hat so manche Fantasie geweckt.
Mittlerweile bieten im Internet
viele Firmen Hilfesuchenden ihre Unterstützung an. Dass sie
sich dafür bezahlen lassen ist legitim, weniger legitim ist
jedoch was so alles versprochen wird. Dazu werden oft
spezifische Foren genutzt in denen sich Betroffene austauschen
und in denen dann ein "Glücklicher" auftaucht, dem
von einer Firma xyz oder einem Herrn X oder einer Frau Y
angeblich schnell, günstig und zuverlässig geholfen wurde.
Schaut man sich die Angebote
verschiedener Anbieter an, zeigt sich leider oft, dass diese die
elementarsten Gegebenheiten in den einzelnen Ländern nicht zu
kennen scheinen.
Allgemein bekannt sollte es z. B.
mittlerweile sein, dass in Europa nur Deutschland ein
Meldegesetz hat und Meldeämter in anderen Ländern somit
unbekannt sind.
Eine in Foren oft gestellte Frage
ist, ob bekannt ist, ob jemand im Ausland eine Insolvenz
durchgezogen hat und wenn wo. Uns sind mittlerweile viele
Menschen bekannt, die eine solche Insolvenz in Frankreich
durchgezogen haben. Verschiedene hatten ihre Restschuldbefreiung
innerhalb von 15 Monaten, bei anderen dauert es noch an. Auch in
Frankreich hängt es vom Einzelfall und von der Beurteilung des
jeweiligen Gerichts ab, wie eine Tilgung der Schulden auszusehen
hat und wann eine Restschuldbefreiung erfolgt.
Auch sind uns Fälle bekannt, in
denen Betroffene ihre Insolvenz mit in Ausland (Beispiel:
deutschsprachiger Teil Italiens) mitgenommen haben.
Aber so einfach, wie es vielfach
in diversen Angeboten dargestellt wird, ist es leider (oder
gottlob?) nicht
Das sich zeigende Problem ist,
dass diese "Leichtsanierer" mittlerweile viele
"schlafende Hunde" geweckt haben. Ganz sicher gehören
z. B. auch französische Juristen nicht zu den dümmsten im Land
und wenn sich nun in einem grenznahen Bezirk die Anfragen durch
"Ausländer" nach der Insolvenz in Frankreich
innerhalb kurzer Zeit vervielfachen, setzt auch dort ein
Nachdenken ein.
Der zu erkennende
"Insolvenztourismus" könnte mittlerweile für einen
sich abzeichnenden Unmut im Ausland verantwortlich sein. Dort
ist es nicht sehr viel anders als in Deutschland. Auch dort
haben die Juristen einen gewissen Beurteilungsspielraum, der
sich auch zuungunsten eines "Rechtsuchenden" auswirken
kann. Nicht alles was gemacht wird, scheint z. B. immer mit
europäischem Recht in Einklang zu bringen zu sein.
Auch hier ist es jedoch wie
überall; Recht haben und Recht bekommen sind ja bekanntermassen
zwei völlig verschiedene Dinge.
Einem uns angeschlossenen
Rechtsanwalt wurde vor nicht allzu langer Zeit die Frage
gestellt, ob man z. B. noch in Deutschland wohnend, schon mal
vorab in Frankreich einen Insolvenzantrag stellen könne. Der
Umzug nach Frankreich würde dann später folgen.
Die Frage zeigt, dass die
saloppen Angebote zur "problemlosen Insolvenz" im
Ausland völlig falsche und ungerechtfertigte Hoffnungen wecken.
Das Beste ist es immer noch auch
tatsächlich einen Umzug ins Ausland vorzunehmen und dann auch
in diesem Ausland zu leben. Das hat - nicht nur für insolvente
Menschen - oft erhebliche Vorteile. Oft eröffnen sich neue
Möglichkeiten und zurückgehen kann man immer und jederzeit.
Sehen Sie dazu: Konkurs
- Firmensanierung
In Deutschland ist es nun einmal
so, dass ein Insolvenzverfahren erhebliche Unannehmlichkeiten
mit sich bringt, die man so im Ausland nicht kennt. Eine sehr
lange Wohlverhaltensphase, die sich durch vielerlei
"Nebengeräusche" noch erheblich verlängern kann, die
Ungewissheit, ob am Ende dann auch tatsächlich die
Restschuldbefreiung erfolgt und wenn sie erfolgt, die
"Wartezeit" bis ein Restschuldbefreiter auch wieder
eine saubere Auskunft (Schufa etc) hat und wieder wie ein
normaler Mensch leben kann.
Alle in allem kann sich das bis
zu 10 Jahre hinziehen.
............... jusdi109
Wer überzeugend glaubhaft machen
kann, dass er im Land in dem er sein Insolvenzverfahren
durchziehen will, auch tatsächlich seinen Lebensmittelpunkt
hat, kann dort auch seinen Insolvenzantrag stellen.
Aber und hier dürfen wir uns
noch einmal wiederholen, dass dürfte - wegen der vielen
"Anfänger", die sich neuerdings im Geschäft mit der
Insolvenz im Ausland versuchen, immer schwerer werden und vor
allem immer schwerer durchzuhalten sein. Macht Ihr "Helfer
in der Not" einen Fehler, werden Sie ihn auszubügeln
haben.
Das Ganze hat nämlich auch
strafrechtliche Aspekte, die sich in ihren Auswirkungen zwar in
erträglichen Grenzen halten, aber alles insgesamt zum Erliegen
bringen können.
Ist Ihr
"Geschäftspartner" nicht an eine Schweigepflicht
gebunden, sind Sie möglicherweise sehr schnell der Dumme, wenn
an anderer Ecke etwas verrutscht.
...............
Noch einmal: So einfach wie viele
sich die legale "Umgehung" des deutschen
Insolvenzrechts vorstellen ist es ganz sicher nicht. Einfach mal
irgendwo irgendeinen Wohnsitz nehmen, Strom, Wasser und Telefon
anmelden, vielleicht noch eine französische Handynummer und ein
Bankkonto einrichten kann klappen, muss es aber nicht. Da diese
Voraussetzungen auch mindestens sechs Monate bestehen müssen,
länger ist natürlich vorteilhaft, kostet das auch eine schöne
Stange Geld. Geld, dass Sie vielleicht ein besseres Investment
darstellt, wenn Sie tatsächlich umziehen.
Bedenken Sie auch: Wenn Sie mal
ins Ausland umgezogen sind, haben Sie erst einmal eine zeitlang
Ruhe vor Gerichtsvollziehern und Vollstreckungsbeamten. Für die
ist nämlich erst mal an der Grenze Schluss.
Geben Sie in Deutschland Ihren
Wohnsitz auf, kann dort auch kein Insolvenzantrag mehr gegen Sie
gestellt werden.
.........
Sehen Sie dazu auch:
Französisches
Insolvenzrecht gilt auch für Deutsche
EU-Insolvenzrecht
BGH
- Urteil Insolvenzrecht
Insolvenz
- Insolvenzrecht
Insolvenzrecht
- Geplante Reform
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