Urteil gegen den Heiseverlag -

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Die "schwache" Entscheidung v. Hamburg sorgt noch immer für Aufregung im Lager der Forenbetreiber -

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Das Hamburger Heiseurteil (324 O 721/05) - Viel Wind um Nichts?
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Nachtrag: 22.04.2006 | Mittlerweile haben wir zum Thema einige Nachfragen erhalten. Die vieldiskutierte Gleichung: Meinungsbildend = presserechtlich und presserechtlich = Vorabkontrolle verunsichert und irritiert viele Forenbetreiber. Hier weiterlesen!

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14.04.2006

Das "berüchtigte" Urteil, das zum Nachteil von Heise in Hamburg erging, steht mittlerweile im Internet. Mittlerweile stehen auch die ersten Kommentare und Beurteilungen im Netz.

Wer nicht weiss worum es geht, kann hier noch einmal nachlesen -

Ruhiger geworden ist es deshalb innerhalb der Gemeinde der Forenbetreiber nicht.

Das mag zum einen daran liegen, dass einige interessante Kommentare, leider so abgefasst sind, dass sie von juristischen Laien wohl eher nicht verstanden werden.

Zum anderen mag es daran liegen, dass verschiedene Kommentare uns so erscheinen, als wären sie vornehmlich geschrieben um Angst zu erzeugen.

Es mag Zufall sein, dass diese Kommentare teilweise von Rechtsanwälten stammen, die in diversen Foren auch unterwegs sind, um "Kundschaft" zu rekrutieren.

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Genaugenommen ist die nicht mal rechtskräftige Entscheidung nichts als eine Einzelfallentscheidung, die sich auf - unter Berücksichtigung der "besonderen" Umstände - auf wenige Entscheidungsgrundlagen reduzieren lässt.

Gehen wir hier zunächst einmal auf die besonderen Umstände dieses Einzelfalls ein, die auch von dem Gericht mit in die Betrachtung einbezogen wurden.

Wir haben zunächst einen Verlag, der ein Forum betreibt, dessen "Teilnahmebedingungen" und Moderation recht lasch zu sein scheinen. Böse Zungen behaupten, dass sich in diesem Forum besonders viele "Trolls" herumtreiben und es deswegen schon des Öfteren zu verbalen "Ausfällen" gekommen sein soll.

Dann haben wir einen Unternehmer, der mit recht zweifelhaften Methoden an das Geld anderer zu kommen versucht und sich die wenig schmeichelnde Bezeichnung "Dialerkönig" anscheinend redlich verdient hat.

Mario D. ist unter Insidern im Internet kein Unbekannter, ist selbst Teilnehmer vieler Foren und fällt auch schon mal durch Unsachlichkeit und dadurch auf, dass er andere Forenteilnehmer gerne auch als Trolls beschimpft.

Mario D. sorgt allzu oft - direkt oder indirekt - für kontroverse Diskussionen und Dispute. 

Wir wissen nicht, ob das in der Vergangenheit auch im Heiseforum so war, gehen aber einfach mal davon aus, dass es sehr wahrscheinlich ist.

Im Urteil findet sich dazu nichts, dass Gericht geht jedoch offensichtlich davon aus, dass dies auch bei Heise bekannt ist.

Es ist auch nicht zu erkennen, dass Heise dem widersprochen hätte. 

M. D. - der Vielseitige - grabbt auch noch frisch freigewordene Domains und damit das funktioniert, arbeitet er (vereinfacht erklärt) mit den Rechnern von Leuten, die sich eine seiner Anwendungen auf den Rechner herunterladen. Nicht immer sollen diese Leute gewusst haben, was sie sich da wirklich auf den Rechner zogen.

Darüber berichtete Heise lobenswerterweise und gab den Lesern des Berichts Gelegenheit sich zu äussern.

Heise eröffnete zu dem Thema eine Diskussion, bei der man dort hätte wissen müssen, dass es zu Polarisierungen und heftigen Meinungsäusserungen (also rechtlich Bedenklichem) kommen könnte.

So die Meinung des Gerichts und hier meinem wir, dass dieser gerichtliche Standpunkt durchaus vertretbar ist.

Nun meint das Gericht weiter: Wenn also jemand in seinem eigenen Forum ein Diskussion eröffnet, von der er weiss oder zumindest damit rechnen muss, dass diese ausarten könnte, er für diese Diskussion eine besondere Sorgfaltspflicht hat.

Auch das ist nach unserem Dafürhalten eine nachvollziehbare Argumentation.

Somit wären wir an dem Knackpunkt der Hamburger Entscheidung angelangt:

Wie hätte eine besondere Sorgfaltspflicht in dieser Konstellation auszusehen?

Kann der Betreiber des Forums sich darauf berufen nicht zu wissen, dass da gerade eine Diskussion am Laufen ist die ausarten könnte?

Unsere Meinung: Nein. Schliesslich hat er diese selbst initiiert!

Etwas völlig anderes wäre es gewesen, wenn diese Diskussion von irgendeinem Mitglied des Forums zu irgendeinem Zeitpunkt eröffnet worden wäre.

Nächste Frage: Wie weit hätte der Betreiber des Forum vorausdenken müssen? Hätte er z. B. damit rechnen müssen, dass es in der Diskussion zu rechtwidrigen Aufrufen kommt, deren Befolgung in irreparabler Weise in den Geschäftsbetrieb des Mario D. eingreifen?

Unsere Meinung: Nein. Es können nicht alle exotischen Eventualitäten berücksichtigt werden.

Wäre es im Heiseforum schon einmal zu etwas Derartigem gekommen, könnte man die von uns verneinte Frage dann auch durchaus mit Ja beantworten. Das wissen wir jedoch nicht und das Gericht weiss es offensichtlich auch nicht, also bleibt es beim Nein.

Eine Notwendigkeit - auch in dieser besonderen Konstellation des Einzelfalls - Beiträge vorab zu prüfen und diese dann freizugeben sehen wir nicht. Deshalb ist die Hamburger Entscheidung nach unserem Dafürhalten eine völlig falsche Entscheidung.

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Wir können uns nur an der Urteilsbegründung orientieren. Die Argumentationen des Vorverfahrens entziehen sich unserer Beurteilung.

Was wir z. B. nicht wissen ist:

Wurde die Diskussion bei Heise von Heise überhaupt beobachtet? Und wenn ja, in welchen Zeitabständen?

Wieviel Zeit verging zwischen Einstellung der strittigen Beiträge und Kenntnisnahme beim Heiseverlag?

Wieviel Zeit verging zwischen Kenntnisnahme durch den Heiseverlag und der Entfernung der strittigen Beiträge?

Bejaht man in dieser Konstellation eine erhöhte Sorgfaltspflicht und verneint es diese Sorgfaltspflicht bis zum vorherigen Prüfen der Beiträge auszudehnen, stellt sich als nächstes die Frage, wie diese erhöhte Sorgfaltspflicht auszusehen hätte.

Mit "nach den gegebenen Umständen" sind wir ja schon einmal ein Stück weiter, aber immer noch nicht dort, wo wir hinwollen.

Wäre das Gericht z. B. von einer extremsten Sorgfaltspflicht des Forenbetreibers ausgegangen, die z. B. eine Prüfungspflicht jeweils innerhalb weniger Minuten bejaht hätte, wären wir immer noch bei der "nachträglichen" Prüfung und die Vorabprüfung wäre vom Tisch.

Beispiel: Uhrzeit der Einstellung eines kritischen Beitrags 14 Uhr 1, Prüfung des Beitrags: 14 Uhr 3, Entfernen des Beitrags 14 Uhr 4.

Erst eine Bejahung und Begründung, dass auch eine derartig kurze Prüffrist noch immer zu lang für "eine sich im Verzug befindliche Gefahr" ist, hätte ein Ausweichen auf das vorherige Prüfen von Beiträgen möglicherweise als adäquates Mittel erscheinen lassen können.

Dabei wäre auch zu berücksichtigen gewesen, ob eine Handvoll "Dauerdownloads" tatsächlich geeignet gewesen wären, den Server des Mario D. zusammenbrechen zu lassen.

Dies erscheint uns eher unwahrscheinlich.

Dazu schweigt sich das Urteil des LG Hamburg jedoch aus.

Die Frage lässt sich an dieser Stelle also nicht beantworten.

Nach unserem Dafürhalten hätte das Verfahren im Hamburg aber genau an dieser Fragestellung - der Auswahl und Bestimmung der adäquaten Mittel - primär aufgehängt werden müssen.

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Wenn Sie die sonstigen Beiträge im Internet zu dieser Entscheidung gelesen haben wird Ihnen sicherlich aufgefallen sein, dass wir auf die dortigen Ausführungen und Argumente nicht eingehen.

Der Grund ist einfach: Wir halten die ganzen Überlegungen, ob diese Entscheidung Auswirkungen auf andere Sparten haben könnten, nachdem wir die Entscheidung nun kennen, für sekundär.

Auch für sekundär halten wir Überlegungen dazu, ob es noch zeitgemäss ist, sich auf alte presserechtliche Urteile zu berufen oder ob die Rolex-Entscheidung des BGH nun so übertragbar ist, ob TDG oder BGB in Ansatz zu bringen sind.

Auch die Fragestellung, ob die Diskussion aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten ist, weil ihr ein Artikel des "Presseorgans" Heise vorausging ist wohl eher rethorischer Natur. 

Logischerweise ist bei Printmedien vorab eine erhöhte Sorgfalt angesagt. Ist eine Zeitung oder Zeitschrift erst mal ausgeliefert ist eine Schadensbegrenzung nicht mehr möglich. Ein gedruckter Beitrag kann nicht eben mal per Mausklick aus dem gedruckten und im Umlauf befindlichen Medium entfernt werden.

Das Hamburger Urteil ist in grossen Zügen recht oberflächlich und versäumt es in die Tiefe zu gehen

Gerade weil die Urteilsbegründung so ist wie sie ist, wird die Entscheidung keine "Bäume ausreissen"

Das Wesentliche des Urteils (wie hier dargestellt) hätte das Gericht in wenigen Sätzen ausdrücken können. Der Rest ist Füllmaterial.

Es muss hier noch einmal gesagt werden, bei der Entscheidung handelt es sich um eine Entscheidung im Einzelfall in einer ganz speziellen Konstellation, die so sicher in den Foren die absolute Ausnahme sein dürfte.

Das aus dieser Entscheidung so etwas wie ein "Dogma" entstehen könnte, das zukünftig generell die Haftungsfrage in Foren regelt, halten wir für nahezu unmöglich. 

Das gilt auch für den Fall, dass die Entscheidung (wofür vieles spricht) irgendwann so bestätigt und rechtskräftig werden könnte.

Anmerkung: Diesseits auch nicht ganz nachvollziehbar ist, warum man bei Heise überhaupt gegen diese Einstweilige Verfügung so vorging und nicht gleich versuchte, die Fragestellung in einem (umfangreicher gestaltbaren) Hauptsacheverfahren klären zu lassen. Ein durch den Weiterbestand der einstweiligen Verfügung entstehender Schaden ist auf den ersten Blick nicht erkennbar.

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Oder anders - wie man es in manchen Gegenden Deutschlands ausdrückt und weil gerade Ostern vor der Tür steht:

Warum sich um ungelegte Eier Gedanken machen?

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Anmerkung: Das hier Geschriebene wurde nicht für Juristen, sondern zum Verständnis für juristische Laien eingestellt und ist deshalb naturgemäss etwas "reduziert vereinfachend".

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Der Beitrag wurde mit Unterstützung von Frau Rechtsanwältin Andrea Münzebrock, Saarbrücken erstellt.

 

 

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