Beim Einkauf im Internet
steht dem Verbraucher lt. Paragraf 312d BGB (Bürgerliches
Gesetzbuch) ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu, dass ohne
Angabe von Gründen wahrgenommen werden kann.
Anbieter haben auf dieses Widerrufsrecht hinzuweisen. Wie
dieser Hinweis auszusehen hat ist in Paragraf 355 BGB geregelt.
Nun sorgt ein Urteil des KG (Kammergericht - Vergleichbar mit
den sonstigen Landgerichten) Berlin im Internet und insbesondere
bei Anbietern bei Ebay für Aufregung.
5 W 156/06 - 103 O 91/06
Landgericht Berlin
Worum geht es?
Da hatte ein Verkäufer eine Widerspruchsbelehrung
eingestellt und darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsfrist
zwei Wochen beträgt und/oder frühestens mit dem Erhalt der
Ware beginne.
Nun das KG Berlin hat entschieden, dass die blosse
Einstellung einer Widerrufsbelehrung auf der Angebotsseite bei
Ebay allein nicht genügt. Wird ein Kunde nicht auch noch extra
z. B. in einer gesonderten Email (wegen der Textform) auf sein Widerrufsrecht hingewiesen,
gelte die verlängerte Widerspruchsfrist von einem Monat..
Es geht also nicht darum, dass eventuell nicht oder
unvollständig über das Widerrufsrecht aufgeklärt wurde,
sondern darum, dass diese Widerrufsbelehrung dem Verbraucher
nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form zugegangen ist,
die Voraussetzung ist den Beginn des Laufs einer
Widerspruchsfrist in Gang zu setzen.
Formaljuristisch ist das richtig und die vom Verkäufer im
Angebot gemachte Aussage somit falsch.
Das allein wäre ja noch nicht so tragisch, wenn das KG
Berlin in dieser fehlenden Belehrung nicht auch noch
einen Wettbewerbsverstoss sehen würde.
Das ist zwar nicht ganz logisch, könnte jedoch für eine neue Abmahnwelle -
nicht nur bei Anbietern von Ebay - sondern insgesamt im Internet
führen. Zwar meint das Gericht, dass die Konstellation typisch
für den Handel bei Ebay sei, weil hier der Vertrag durch
Annahme des Käufers zustande käme, aber ganz logisch ist auch
das nicht.
Worin sieht denn nun das KG Berlin einen Verstoss gegen
gesetzliche Normen und somit auch ein wettbewerbswidriges
Handeln?
Es geht um den § 355 Absatz 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit
§ 312c Absatz 1 Satz 1 -
Dort heisst es nämlich, dass ein Widerruf in Textform zu
geschehen habe. Ebenso muss umgekehrt ein Widerruf dem
Anbieter einer Ware oder Dienstleistung in Textform zugehen.
Was Textform bedeutet sagt uns der § 126 BGB. Dort heisst
es:
Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer
Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete
Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung
durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.
Das KG Berlin sieht die
Anforderungen des 3 126 BGB nicht gewahrt, weil -
die im Internetauftritt des
Antragsgegners zu findende Widerrufsbelehrung keine solche ist, die dem
Verbraucher in "Textform" mitgeteilt wird. Denn
bei Texten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht (beispielsweise per
E-Mail) übermittelt worden sind, ist § 126b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur
Perpetuierung (Aufrechterhalten, Verfestigung eines
Zustandes) der Erklärung beim abrufenden Verbraucher (Ausdruck der Seite oder Download,
d.h. Abspeicherung auf der eigenen Festplatte) kommt.
Textform wird also so definiert,
dass die "Nachricht" für den Empfänger immer wieder
aus eigenen "Besitzständen" abrufbar sein muss, indem
sie z. B. auch in elektronischer Form auf seinem Rechner liegt.
Die
Perpetuierung im Hirn durch Kenntnisnahme genügt nach Ansicht
des KG Berlin also nicht.
....
Wenn auch wirklichkeitsfremd ist
die Entscheidung des KG Berlin (aufgrund der gesetzlichen
Vorgaben und deren möglichen Interpretationen) formaljuristisch
vertretbar und könnte Nachahmer finden.
Das Urteil des KG Berlin sagt
klipp und klar, dass - nach seiner Ansicht - eine Widerspruchsfrist erst zu laufen
beginnt, wenn dem Verbraucher (Käufer) eine Belehrung in
Textform zugegangen ist. Davon abweichende Angaben, die zu
Verwirrung beim Käufer führen könnten, sind unzulässig und
wettbewerbswidrig.
"Mit Erhalt der Ware beginnt
die Frist also (gemäß § 312d Abs. 2 BGB) nur dann, wenn der
Verbraucher bis dahin auch die
Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt bekommen hat.Oder
anders: Erhält der Verbraucher die Ware und erhält er nicht
spätestens mit dieser Ware die Widerspruchsbelehrung in
"Textform" gilt die Widerspruchsfrist von zwei Wochen
nicht.
....
Das Urteil des KG Berlin wirft,
sollte es von anderen Gerichten übernommen werden, neue Fragen
und Probleme auf.
Wie soll eine Übermittlung in
"Textform" bei Bestreiten bewiesen werden?
Die Zusendung einer Email lässt
sich bei Bestreiten nicht beweisen. Die Email mit Rückschein
ist noch nicht erfunden.
Die Zusendung der
Widerrufsbelehrung in Textform mit der Ware ist beweisbar, aber
aufwändig.
....
Unser Tipp für eine sichere
Handhabung:
Sichern Sie ein Widerrufsrecht ab
Erhalt der Ware zu und schicken Sie die Widerrufsbelehrung in
Textform spätestens mit der Ware mit.
Oder aber: Räumen Sie gleich
eine Widerspruchsfrist von einem Monat ein.
Wir könnten uns vorstellen, dass
darunter Ihr Umsatz nicht wirklich leiden würde. Sie hätten
ein ein kundenfreundliches Argument mehr, dass Ihnen weitere
Kunden bescheren könnte. Wer gute Ware liefert, muss die
Widerspruchsfrist nicht wirklich fürchten.
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